Ich hatte mir die Saison 2020 auch anders vorgestellt. Bei mir war es allerdings nicht das Coronavirus, sondern ein Radunfall Mitte Januar, der alles schlagartig geändert hat. Bei dem Sturz habe ich mir eine Unterschenkelfraktur zugezogen, was bedeutete: Stillstand von einer Sekunde auf die andere, statt Bewegung. Schnell war mir klar, es wird lange dauern bis ich wieder wie gewohnt weitermachen kann. Jeder kann sich sicherlich vorstellen was das für mich bedeutete, schnell war mir klar ich will die Zeit nutzen um an meinen Schwächen zu arbeiten und gestärkt aus der Situation hervorzugehen. Die ersten Tage nach dem Sturz war ich ans Bett gefesselt und durch die starken Schmerzmittel war nicht an Bewegung zu denken. Einen Tag nach der OP habe ich dann zum ersten Mal seit dem Sturz, 9 Tagen war es jetzt her, wieder 1.000 Schritte gemacht.
Was für ein überwältigendes Gefühl!
Gemeinsam mit Ute haben wir dann überlegt, wie wir die nächsten Wochen und Monate gestalten. Ich wollte Struktur in meinen Tag bringen und musste alles neu organisieren. Da ich das Bein in den ersten Wochen nach der OP nicht belasten durfte, war Kreativität gefragt. Training der Rumpfmuskulatur im Sitzen, locker auf dem Ergometer kurbeln um die Beweglichkeit in den Gelenken wieder herzustellen, Gehübungen und Mobilisation.
Eine Woche, nachdem die Fäden gezogen wurden, durfte ich auch wieder ins Wasser. Um das Bein durch die Drehung des Körpers beim Atmen nicht zu belasten, vorerst mit Pull Buoy und Schnorchel und die Arme nicht über Wasser bringen. Das hieß Hundepaddeln und Eisbärschwimmen in den nächsten Wochen. Ich hatte jetzt die Chance, mich auf meinen Unterwasserarmzug ohne Druck zu konzentrieren und ich habe sie genutzt. Mir hat es noch nie so viel Freude gemacht ins Wasser zu gehen. Es war wieder ein Stück „Freiheit“ und ich habe es genossen. Inzwischen ersetzt allerdings Trocken- und Zugseiltraining meine Einheiten im Pool, mir fehlt das Wasser.
Meine Gehübungen habe ich auch täglich und alleine gemacht, da ich schnell merkte, Ablenkung tut mir nicht gut. Alleine konnte ich mich auf die Punkte die wichtig waren, wie Fußaufsatz und sauber abrollen, fokussieren. Was am Anfang meine ganze Konzentration verlangte, klappt inzwischen schon fast wieder automatisch. Und ich konnte auch hier meinen Bewegungsablauf durch das bewusste Gehen verbessern, was mir sicherlich in Zukunft beim Laufen zugutekommen wird.
Das Radtraining habe ich inzwischen wieder auf die Rolle verlegt und statt locker zu kurbeln stehen schon wieder die ersten Inhalte im Trainingsplan. Letzten Samstag durfte ich mal wieder 90 Minuten Intervalle fahren, ich habe
mich selten so wohl beim Schwitzen auf der Rolle gefühlt. Und was das Beste ist, durch das intensive Athletiktraining in den letzten Wochen bin ich die ganze Zeit in Aeroposition gefahren. Das habe ich vorher auf der Rolle höchstens mal 10 Minuten ausgehalten.
Natürlich gab es in den letzten Wochen auch Tage, da ging es mir nicht schnell genug und ich war deprimiert. Aber Ute hat mir dann ziemlich schnell klar gemacht, dass ich mich über jeden noch so kleinen Fortschritt freuen kann und auch soll. Wie zum Beispiel das Treppen steigen oder heruntergehen, wow… es geht wieder!
Glaubt mir, die letzten 10 Wochen waren nicht immer einfach, ich habe auch oft an mir gezweifelt, aber Beharrlichkeit und gute Unterstützung zahlen sich aus.
So unglücklich die Situation nach meinem Sturz war, umso mehr, auch wenn es sich ein bisschen verrückt anhört, bin ich jetzt der Überzeugung das es mich langfristig nach vorne bringen wird.
Darum lasst den Kopf bitte nicht hängen, setzt euch neue Ziele, freut euch über jeden kleinen Fortschritt und macht das Beste aus dieser Situation!