Es sind verrückte Zeiten. Schwimmbäder geschlossen, die Trainingsgruppe für die langen gemeinsamen Radausfahrten bzw. Laufeinheiten darf sich nicht mehr treffen und viele der Wettkämpfe sind abgesagt. Auch wenn das Triathleten Herz ein bisschen weint und es schade ist, dieses Jahr nicht auf Mallorca trainieren zu können, müssen wir uns trotzdem glücklich schätzen und dankbar sein.
Immerhin dürfen wir noch raus gehen und draußen trainieren.
Und wenn wir mal ehrlich sind. Machen wir den Sport nur wegen des Wettkampfes?
NEIN!?
JA?!
Vielleicht ein bisschen?
Sind wir ehrlich. Ja, wir machen den Sport weil wir ihn lieben. Wir spüren wie wir täglich besser werden und unsere müden Muskeln und der „kaputte“ Körper sich am Abend einfach grandios anfühlen. Wir machen Triathlon nicht um am Montag den Arbeitskollegen nach dem Rennen erzählen zu können, bei welchem Wettkampf man dieses Wochenende über die Ziellinie gelaufen ist. Wir machen es, weil wir die drei Sportarten lieben.
Allerdings ist der Wettkampf das, was uns antreibt im Winter hart zu arbeiten und im Sommer von der Grillfeier früher nach Hause zu gehen. Nur damit man Sonntagmorgen aufstehen und mit voller Nervosität seine Wechselzone einrichten kann; den Neopren nach oben zieht, während über dem See die Sonne aufgeht; sich mit hundert anderen Athleten bis an die Wasserkante drängt, während die Umgebung mit motivierender Musik beschallt wird. Wenn man auf diesen einen Moment wartet, bei dem auf einmal alles ganz still wird und die surrende Anspannung nahezu greifbar in der Luft liegt um anschließend mit einem Startschuss auf einmal zerrissen wird. Ja, wir lieben auch die Wettkämpfe 😉
Aber was sind unsere aktuellen Möglichkeiten. Eine Möglichkeit habe ich am Wochenende ausprobiert: das Ironman Virtual Race. Ein virtuelles Rennerlebnis, das über drei Tage ausgetragen wird und bei welchem jeder für sich gegen die Zeit antreten kann. Dieses Mal war es ein Sprint Triathlon mit 1,5km Laufen, 20km Radfahren und zum Schluss einem 5km Lauf. Laut Regelwerk ist die Reihenfolge beliebig ausführbar und auch die Aufteilung der Tage sind dem Athleten überlassen. Ich aber wollte Wettkampfluft schnuppern und somit die Distanz in genau dieser Reihenfolge und ohne große Pausen durchführen.
Am Morgen richtetet ich mir meine Wechselzone ein: Rad auf die Rolle, Laptop mit Zwift verbunden, Ventilator aufgestellt und Schuhe vorbereitet.
Nach einem kurzen Aufwärmen ging es los – vor an die imaginäre Startlinie und ob man es glaubt oder nicht, ein bisschen Wettkampfnervosität stellte sich nun doch bei mir ein. Auch ohne Konkurrenz konnte ich mich richtig gut in Wettkampflaune versetzen. Um 8:18 Uhr setzte ich mir selbst den Startschuss und es war einfach der Hammer.
Allerdings habe ich nach dem ersten Kilometer dann doch gemerkt, dass ich ein bisschen überzogen hatte. Pacing ist so nicht wirklich einfacher ohne Konkurrenz. Nach 5:40min stoppte für mich die Zeit für die ersten 1,5km, Mit einer Pace von 3:39 min/km und einem Durchschnittspuls von 183 Schlägen pro Minute. Der Körper war wach und nun ab aufs Rad. 20km – so lange, wie möglich, Vollgas. Leider gab es ein paar Differenzen zwischen der Zwift- und meiner Polar-Aufnahme, welche die essenzielle Messung für die Wertung ist. Immer wieder wurde ich frenetisch angefeuert in meiner kleinen unscheinbaren „Paincave“. Was sich wohl die Nachbarn dabei gedacht haben?! Nach 24 Zwift- und 20 Polar Kilometern stieg ich nach 37min vom Rad: 280 Watt Normalized Power und Durchschnittspuls von 179 Schlägen pro Minute. Laut Zwift wäre ich nach ca. 30min fertig gewesen, allerdings hing mein Polar ein bisschen hinterher. Anschließen ging es dann noch für 5km in die Laufschuhe. Ich war plötzlich wirklich müde und k.o.. Also noch kurz was trinken, kurz aufs Klo und los ging es. Wann hat man da denn schon mal Zeit bei einer Sprintdistanz für solch essenzielle Dinge des Lebens? Die Pace beim zweiten Lauf war um einiges niedriger, der Puls nicht und so befand ich mich nach 22min auf die Zielgerade des Ironman VR3. Was für ein Gefühl. Ich reiße die Arme nach oben und freue mich im Ziel angekommen zu sein. Meine Frau, die mich auf dem Rad begleitet hatte, schaut mich erst komisch an, lacht dann und freut sich, dass ich so einen Spaß bei dem Rennen hatte. Anschließend gingen wir gemütlich nach Hause und genossen ein leckeres Frühstück im Garten.
Fazit: Was für ein cooler Quatsch. Es macht riesig Spaß und doch ist es irgendwie so, dass etwas fehlt. Ich für meinen Teil werde mich bei dem nächsten virtuellen Rennen vielleicht wieder anmelden. Mal schauen. Aber auf die richtigen Wettkämpfe freue ich mich jetzt noch umso mehr.
Euer Alex