Das Ergebnis kennen die meisten inzwischen und in diesem Bericht dürft ihr erfahren wie es dazu kam. Die Entscheidung den Challenge Roth nochmal als Einzelstarter anzugehen und zu finishen habe ich schon seit meinem DNF, aber mit der Familienplanung ließ es sich nicht so gut vereinbaren. Allerdings haben meine Kumpels es mir etwas erleichtert, denn als Hochzeitsgeschenk gab es 2018 eine Fotokollage auf der recht zentral das letzte Bild vor meinem Ausstieg beim Challenge Roth 2013 hängt und dies muss „besiegt“ werden. Die Freude über den Startplatz im Onlineverfahren war riesig und das Geld schnell überwiesen, doch dann kam der Schock die Veranstaltung hat ja vom zweiten auf das erste Juli Wochenende gewechselt und da habe ich keine Zeit da meine Frau an diesem Tag immer arbeiten muss. Doch was soll ich sagen, ich habe die beste Frau geheiratet und nach einigen Überlegungen „durfte“ ich starten und Dany hielt mir zu jeder Zeit den Rücken frei, ganz fettes MERCI hierfür.

An diesem einen Tag auf den Punkt genau fit zu sein trotz Familie das schafft nur ein Coach und zwar der/die beste UTE Mückel. So kam es das ich bei ihr anfragte und sie ohne zu überlegen mir den Weg nach Roth vorgeben wollte. Geil, hier geht nix mehr schief egal was kommt und im Rahmen des Familienurlaubes ließ sich im August 2018 auch eine erste Besprechung incl. Schwimmen bei Ute verwirklichen. Hier legt ich gleich die Zielzeit für das Schwimmen in Roth mit 1h10 fest und was soll ich sagen trotz der Verhältnisse (zu denen ich gleich komme) Punktlandung 🙂
Um das zeitintensive Training mit der Familie unter einen Hut zu bekommen entschied ich mich das Training gemäß Lionel Sanders in den Keller zu verlegen, Rad auf der Rolle mit Zwift (geile Erfindung) daneben ein Laufband und einige Gewichte, TRX, Balancegeräte, fertig ist die Folterkammer! Klar es gibt bestimmt auch andere Wege aber es war echt gut und macht dich mental fit. Für den Renntag haben sich einige Bekannte angekündigt und um alle zu einander zu führen gibt es ja heute so Dinge wie WhatsApp, also Gruppe erstellen und einen Zeitplan reingestellt mit der Marschroute für die 12 Stunden Zielzeit, damit jeder weiss wann ich in etwa wo bin. Da ich mich fit fühlte habe ich noch eine Zeitliste mit 11h15 erstellt, vielleicht läuft es ja richtig gut.

Kommen wir mal zum Rennwochenende, Anreise am Freitagabend und Camping am Schwimmstart um direkt am Samstag früh kurz im Kanal zu testen wie das Wasser ist. Der Veranstalter hatte einiges zu tun um den verwöhnten Triathleten die auch schon mal „mutiger“ waren das Neoprenschwimmen zu ermöglichen. Funktioniert hat es wie wir wissen doch durch das schnelle und lange Fluten hat sich der Kanalabschnitt etwas aufgeschaukelt und somit wechselnde Strömungsverhältnisse mit sich gebracht was die Schwimmzeiten i.d.R. um etwa 3-5min langsamer macht. Dieses Schwanken machte sich auch beim Testschwimmen schon bemerkbar, brachte mich aber nicht aus der Ruhe da ich mit Zeiten geplant habe die gut machbar sind und wenn es langsamer wird ist es eben so. Damit müssen alle zurecht kommen und das Ziel ist die Finishline, egal was dort die Uhr anzeigt. Anschließend ging es zu den Startunterlagen, Radl testen, Expo bummeln, mit Ute kurz besprechen, Wettkampfbesprechung und Leute treffen. Zeitig ins Bett und dann…

... RACEDAY

… aufgewacht, zum Schwager noch gesagt: „Wenn du aufwachst und dich richtig schlecht fühlst, dich fragst was das heute werden soll bzw. warum du dich angemeldet hast, genau dann wird es gut!“
Startgruppe 13 bedeutete nach der Beutelabgabe in T1 erst mal den Regenschauer abwarten und dann das Rad fertig machen, bevor es um 7:30 Uhr ins Wasser ging und um 7:35 Uhr los gehen sollte. Doch vor dem Gang ins Wasser musste ich genauso wie beim ersten Startschuss des Tages kurz inne halten und den Gefühlen freien Lauf lassen. Es war einfach eine riesen Erleichterung und wohl schon die Anzeichen das heute etwas Besonderes passiert. An dieser Stelle sei gesagt das ich noch nie einen Wettkampf bestritten habe an dem ich mehr mit Tränen und positiven Gefühlen zu kämpfen hatte, selbst jetzt beim Schreiben kommt alles noch einmal hoch.
Schwimmstart und alle stechen los wie verrückt, kurz versucht mit zu gehen aber dann habe ich mich entschlossen mein Tempo zu finden und konstant auf Zug zu bleiben. Das Vorhaben ging voll auf und nach einigen Schlägen war ich bei 650m wieder an der Spitze der Startgruppe und begann etwa bei 1250m die ersten der letzten Startgruppe12 einzusammeln. Wende klappt ohne Probleme doch dann kam ein immer stärkerer Druck auf den Augen, hervorgerufen durch die Brille, was mich zu zwei kurzen Kraulpausen brachte. Da ich allerdings inzwischen auch schon einige Athleten aus anderen Startgruppen vor mir einsammelte und auch immer mal wieder etwas Wasserschatten fand ging der Rhythmus nie richtig verlor. Zum Ende der ersten Disziplin konnte ich sogar noch einmal etwas zulegen und als ich am Schwimmausstieg auf die Uhr sah machte sich ein fettes grinsen breit.
1h10 trotz den vermeintlich langsameren Verhältnissen, Punktlandung! Gemütlicher Wechsel in T1 hingelegt und nach kurzen Problemen auf dem Rad in den rechten Schuh zu kommen war ich schon auf der Brücke, als ich dort Ute sah musste ich es ihr vor Freude zu rufen „Ute 1:10, 1:10 Ute“ 😀

Das Radtempo war vom ersten Tritt sofort da und ich hatte den Flow vom Schwimmen einfach mitnehmen können, trotz oder gerade wegen dem lockeren Wechsel. So sammele ich in der ersten Runde mehr Athleten ein als mich überholten, was echt Spaß machte. Die ersten 40km empfand ich sehr frisch und befürchtete ein schwieriges Rennen, doch nach dem Regenschauer oberhalb von Greding wurde es sehr angenehm. Eine bitte an die Sportler die diesen Sport in Zukunft betreiben wollen, nehmt euch die Zeit im Training und übt Radfahren vor allem auch bergab, dann geht der Puls in Abfahrten auch runter und es ist entspannter für alle. Der Solarer Berg in der ersten Runde quasi mit der Männerspitze das bedarf keiner Worte, ich war froh dass mein Visier am Helm getönt ist. Auf der 2. Radrunde durfte ich etwas mehr Druck machen, so war es mit Ute abgestimmt und den brauchte ich auch, da der Wind ordentlich auffrischte und so das Tempo konstant blieb aber der Aufwand deutlich stieg. Ab KM 100 etwa fand etwas bis dato für mich Unbekanntes statt, sobald ich mich auf dem Rad aufrichtete und die Aeroposition längere Zeit verließ wurde mir schwummrig, aber alles ließ sich problemlos weiter fahren. So beschloss ich möglichst viel die Position zu halten oder schnell wieder einzunehmen und es ging mit guten Beinen Richtung T2. Eines muss ich noch sagen, in den Aktionen und Verhalten was ich gesehen habe fand ich das Rennen fair und die Entscheidungen der Kampfrichter wurden mit dem nötigen Fingerspitzengefühl für große Starterzahlen getroffen.

T2 wieder ohne Stress und einem lockeren Plausch mit den netten Helfern absolviert, kurzer Pinkelstopp Nr. 6 und da ging es auch schon auf die Laufstrecke. Was soll ich sagen, es war einfach geil. Vom ersten Schritt an den Flow vom schwimmen und radeln direkt mitgenommen. Wenn dein Kopf frei ist geht so etwas scheinbar von selbst. Das Mentalgame am Kanal fand trotz des Gegenwindes irgendwie nicht statt, ich lief konstant mein Ding bekam immer und immer wieder gesagt, es sieht so locker aus und bis km 24 spürte ich auch nichts außer einen Genuss zu laufen. Dann meldete sich erst die linke Kniekehle das sie zu machen möchte und kurz darauf die rechte, aber zu dieser Zeit traf ich gerade nach und nach alle meine Supporter an der Strecke und konnte etwas reden und mich ablenken. Auch die Eigenverpflegung gab es zu diesem Zeitpunkt und so riss der Flow nicht ab. Auf den Bildern von diesem Abschnitt hab ich festgestellt dass es trotzdem echt gut aussah von außen und mich tatsächlich keiner angelogen hatte. Bei km 30 ist meine Uhr auf Grund von Akkumangel ausgestiegen aber das sollte der einzige Ausstieg an diesem Tag bleiben den ich wollte einfach weiter laufen und das Ding ins Ziel bringen. Mein Schwager kam in diesem Moment vorbei und meinte die Hochrechnung ist sau gut, unter 11 Stunden und ich konnte es nicht glauben den in meinen Kopfrechenspielen war ich irgendwo bei 11:45 im Moment, was wohl dem Laktat  geschuldet war und sagte: OTon „ich will es nicht wissen, ich laufe das jetzt einfach durch und dann schauen wir im Stadion auf die Uhr“
So ging es dahin durch Roth wieder ein paar freudige Supporter getroffen und ab nach Büchenbach. Von dem „Anstieg“ hat man viel gehört und daher habe ich etwas Härteres erwartet. An diesem Tag konnte ich den ganzen Marathon durch laufen und machte nur Verpflegungs-geh-pausen was voll auf ging. Also sammelte ich in Richtung Büchenbach weiter fleißig Läufer ein und begab mich auf den Rückweg. Etwa 6km vor dem Ziel kam es mir in den Kopf, was hat Tobi gesagt unter 11 Stunden, hm vielleicht ist da etwas dran. Meine Uhr war ja offline also eine Athletin mit Uhr gefragt welche Uhrzeit wir haben, aber sie konnte mir nicht weiterhelfen da kam von hinten ein Staffelläufer und meinte „Uhrzeit hab ich nicht aber du läufst eine Pace von 4:55 und siehst technisch sauber aus, wenn du willst häng dich dran!“ Ich lehnte dankend ab und lies ihn ziehen. Schon ein paar Meter später kam Tim aufgelaufen, ein weiterer Staffelläufer mit scheinbar vielen Bekannten vor Ort und so konnte ich nicht wiederstehen und hängte mich an ihn, denn seine Anfeuerungsrufe pushten mich mindestens genauso. 3km vor dem Ziel etwa sah ich eine große Uhr welche in analoger Form 6 Uhr anzeigt und ich begann unter Laktat erneut zu rechnen:

18:35 Uhr sind 11std, da hast du noch 35min. Vorhin sagten er was von 4:55 also ~15min für 3km da ich nicht viel langsamer geworden bin… das klappt!!!

Jetzt musste ich mich richtig zusammenreissen um nicht heulend über den Rother Marktplatz zu laufen. Die letzten Körner liefen unter purem Adrenalin und Endorphinen aus dem Tank und ich ins Triathlonstadion ein. Hier lasse ich lieber die Bilder sprechen den Worte hatte ich nicht als ich die Zieluhr sah und hab ich nicht wenn ich mir die Zeit anschaue. Ich stehe auch dazu das ich im Ziel endgültig zusammen sank und die Tränen raus kamen, es war eine immense Last die sich über die Wochen des Trainings aufbauen und dann abfällt, wenn man seinen sportlichen Traum (11:15) deutlich unterbietet, schei*** ist das geil.

Zum Abschluss möchte ich sagen es war einfach der eine perfekte Tag den jeder Triathlet sucht und nur möglich weil Ute mich super vorbereitet hat, meine Frau und Familie unterstützt hat und somit der Kopf frei war, kein Druck vorhanden und ganz viele wichtige Leute es irgendwie organisiert bekommen haben mich an der Strecke zu unterstützen.

VIELEN DANK!!!

Micha